10-jähriges Bestehen der ehrenamtlichen Fahrradwerkstatt Geilenkirchen
Bei der Jubiläumsfeier am 11. Juli auf dem Schulhof der Realschule wurde der ehrenamtliche Einsatz gewürdigt. 70 Personen kamen dazu ausgelassen zusammen. Fahrradparcours, Verlosung, Glücksrad, Tauziehen, Sackhüpfen und Hinkelkästchen erfreuten nicht nur die Kinder. Für das leibliche Wohl sorgte ein Snackwagen. Die Bürgermeisterin begrüßte die Gäste und dankte den Jubilaren; weitere Verwaltungsvertreter*innen, Ratsmitglieder und Schulleiter*innen schlossen sich dem Dank an.
Im Juni 2015 kamen viele Flüchtlinge, insbesondere aus Syrien, nach Deutschland. Es entstand die Idee, ihnen einerseits eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu ermöglichen und sie andererseits „mobil“ zu machen – etwa für den Besuch von Deutschkursen, zum Einkaufen, um Landsleute zu treffen oder um zur Arbeit zu gelangen. Karl Beckers und Werner Dahlmanns aus Geilenkirchen starteten die private Initiative in ihrer eigenen Garage, da keine anderen Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Zettel mit der Adresse der „Fahrradwerkstatt“ und dem Hinweis in verschiedenen Sprachen, dass dort Fahrräder erhältlich seien, wurden im Sozialamt verteilt. Schnell kamen die ersten Geflüchteten, schraubten mit und erhielten Fahrräder.
Michael Hoensbroech schloss sich den beiden Initiatoren an und unterstützte tatkräftig – nicht zuletzt, indem er seine technisch versierten Angestellten zur Mitarbeit in der Fahrradwerkstatt freistellte. Die Doppelgarage wurde bald zu klein, und durch seine Vermittlung konnte die Fahrradwerkstatt in die Sittarder Straße 1 umziehen. Der Eigentümer des Gebäudes, Willy Davids, stellte bis heute großzügig und unentgeltlich die dortigen Garagen und Schuppen zur Verfügung – ein idealer Standort: zentral gelegen, mit Vorplatz und großem Innenhof. Ohne diese großartigen räumlichen Bedingungen wäre der Ansturm auf Fahrräder und der hohe Reparaturbedarf nicht zu bewältigen gewesen. Auch der Platz für die wachsende Zahl ehrenamtlicher Mitarbeiter*innen hätte gefehlt.
Norbert Iskam, Jupp Thiemann und Manfred Damberg schlossen sich der Initiative an.
Über mehrere Jahre hinweg arbeiteten zwei junge Männer aus Guinea zuverlässig und ausdauernd in der Werkstatt mit – eine gute Vorbereitung auf ihr späteres Berufsleben.
2019 kam Ziad Awad aus Syrien, ein technisch versierter Schrauber, zum Team. Darüber hinaus ist er eine wichtige Stütze in der Kommunikation mit arabischsprachigen Kund*innen.
Im Jahr 2020 wuchs das Schrauberteam weiter: Dieter Mingers, Hartmut Giernalczyk und Achim Kondziela – alle mit großem technischen und handwerklichen Know-how – kamen hinzu. Achim Kondziela unterstützt bei Bedarf auch sprachlich in Polnisch und Russisch.
Nach seiner Pensionierung vor drei Jahren kam Volker Stentenbach hinzu – ein Rennradliebhaber mit einem besonderen Ohr für jugendliche Problemfälle.
Im Laufe der Zeit beteiligten sich viele Geflüchtete für kürzere oder längere Zeit an der Arbeit in der Fahrradwerkstatt – aus Interesse, gegen Langeweile, um der Einsamkeit im Kirchenasyl zu entkommen oder im Rahmen eines Praktikums.
Verschiedene Initiativen und Einrichtungen in der Region konnten unterstützt werden: Die Rumänienhilfe Süsterseel, die Flüchtlingshilfe Selfkant, die Sammelunterkunft in der Selfkantkaserne, eine sozialpädagogische Wohngruppe in Heinsberg sowie die Werkstatt der WABe in Aachen erhielten Fahrradkontingente. Grundschulen wurden mit Rädern für die Fahrradprüfung ausgestattet, ein Gymnasium in Erkelenz erhielt Einräder für die Sport-AG, ein Kindergarten Felgen für ein Bastelprojekt. Eine Kindergartengruppe besuchte die Werkstatt zur Betriebsbesichtigung. Die im Aufbau befindliche Fahrradwerkstatt in Hückelhoven wird ebenfalls unterstützt.
In den vergangenen zehn Jahren wurden über 1.000 Fahrräder ausgegeben und rund 3.000 Reparaturen durchgeführt.
Die ehrenamtliche Fahrradwerkstatt wird getragen vom Runden Tisch für Flüchtlinge. Im Jahr 2016 schlossen die Caritas, die katholische Kirche, die evangelische Kirche und die Stadt Geilenkirchen eine Kooperationsvereinbarung. Sie beinhaltet die gemeinschaftliche Verantwortung und Verpflichtung, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Die Kooperationspartner verantworten den Runden Tisch für Flüchtlinge gemeinsam. Neben der Fahrradwerkstatt werden fünf ehrenamtliche Deutschlernkurse, eine ehrenamtliche Sprechstunde für Geflüchtete sowie zahlreiche Einzelfallhilfen angeboten.
Ansprechpartnerin für die Flüchtlingshilfe in Geilenkirchen ist die Gemeindesozialarbeiterin.